Osttangente muss grundlegend überdacht werden

Der vierspurige Ausbau der Osttangente ist eines der größten Straßenbauprojekte der Jenaer Stadtgeschichte, das ab 2024 begonnen werden soll. An diesem Donnerstag entscheidet der Stadtentwicklungs- und Umweltausschuss über die Einleitung des Planfeststellungsverfahrens beim Landesverwaltungsamt. Mit einem Änderungsantrag bezieht unsere Fraktion im Vorfeld Stellung.

„Die Osttangente hat eine sehr lange Planungsgeschichte. In den aktuellen Beratungen in den Gremien des Stadtrats ist allerdings deutlich geworden, dass wichtige Entwicklungen, vor allem im Bereich Mobilität und im Hinblick auf das Ziel der städtischen Klimaneutralität bis 2035, in die Planung nicht mit einbezogen wurden. Deshalb ist eine Neubewertung nötig“, so Dr. Margret Franz, Ko-Fraktionsvorsitzende unserer Fraktion.

Der angesprochene Änderungsantrag sieht neben mehreren Forderungen zur Verkehrsberuhigung (beispielsweise Löbdergraben und Karl-Liebknecht-Straße) vor, das Projekt unter anderem am Leitbild Energie und Klima und am Beschluss „Jena klimaneutral bis 2035“ auszurichten. Kernpunkt der Beschlüsse ist die Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs.

Kathleen Lützkendorf, unsere Ko-Fraktionsvorsitzende und Ortsteilbürgermeisterin in Jena-Zentrum: „Jena soll bis 2035 klimaneutral werden. Ein Ziel, dass angesichts der aktuellen Energiekrise und der sich beschleunigenden Klimakrise täglich dringlicher wird. Mit der Osttangente würde in Jena ein zweistelliger Millionenbetrag – Tendenz steigend – in den Autoverkehr investiert werden. Ungeachtet der Tatsache, dass wir im Verkehrsbereich schon jetzt Jahr für Jahr unsere Klimaziele reißen.“

„Mit dem Ausbau der Osttangente wird das Problem der überlasteten Straßen nur verlagert – örtlich und zeitlich. Es gibt keinen Grund, warum das wissenschaftlich belegte Prinzip des induzierten Verkehrs nicht auch in Jena gelten sollte. Salopp gesagt: Wer Straßen baut, wird Autos ernten. Jede Entlastung durch die Osttangente wird von überschaubarer Dauer sein. Auf keinen Fall wird sie dazu beitragen, unser selbst gesetztes Klimaziel, den Autoverkehr zu reduzieren, zu erfüllen. Und Verkehrsberuhigung, Neupflanzungen von Bäumen und Investitionen in das Radwegenetz sind auch ohne den Neubau einer vierspurige Straße möglich“, sagt Lutz Jacob, Mitglied unserer grünen Fraktion und des Stadtentwicklungsausschusses.

„Bereits bei unserem digitalen Fachgespräch zur Osttangente ist deutlich geworden, dass viele Bürger*innen bei diesem Projekt Redebedarf sehen. Wenn auch die Mehrheitsverhältnisse im Stadtrat momentan eindeutig sind, ist die Meinung in Jena selbst viel differenzierter. Es ist gut, dass die Sitzung des Stadtentwicklungsausschuss am Donnerstag öffentlich ist. Interessierte Bürger*innen können die Debatte live verfolgen“, so Franz weiter.

„Fest steht, dass wir in Jena eine echte Verkehrswende brauchen, wenn wir unsere Ziele im Mobilitätsbereich und das große Ziel der Klimaneutralität bis 2035 erreichen wollen, nicht nur eine Antriebswende. Wir müssen deutlich mehr und nachhaltig in den ÖPNV, in Rad- und Fußverkehr, in erneuerbare Energien und in Klimaanpassung investieren. Vor dem Hintergrund der dringenden Probleme, die wir aktuell lösen müssen, fällt die Osttangente aus der Zeit“, schließt Lützkendorf.

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